Wenn Du mich liebst, dann würdest Du...
Ein Beitrag von Bruce Di Marsico übersetzt von Andy Tippmann
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Ein Beitrag von Bruce Di Marsico übersetzt von Andy Tippmann
Der folgende Text heißt im Original "If You Loved Me You Would..." und stammt aus der Monday Night Study Group, einer von Bruce Di Marsico angeleiteten Studiengruppe. Ich habe mich dazu entschieden diesen Text zu übersetzen und zu veröffentlichen, weil er einige bahnbrechende Erkenntnisse für mich bereithielt. Die Möglichkeit, diese Erkenntnisse zu machen, möchte ich gerne teilen.
In dem Text geht es um gewisse zwischenmenschliche Dynamiken, die Du womöglich gut oder nur in groben Umrissen kennst: Vielleicht wolltest Du schon einmal mehr Aufmerksamkeit von dem Partner (oder einem Bekannten oder einem Freund), als dieser bereit ist zu geben und Du kommst Dir vor wie ein Abhängiger. Oder es kam Dir mal so vor, als bedränge Dich jemand geradezu mit seinem Wunsch nach Anerkennung und Du hast das Gefühl, dass diese Person nicht an der richtigen Stelle ist bei Dir.
Ich denke, dass es sich in beiden Fällen lohnt, genau hinzuschauen:
Was ärgert Dich daran, von deinem Partner nicht die Aufmerksamkeit zu bekommen, die Du gerne hättest? Woran genau leidest Du, wenn dein Partner nicht so reagiert, wie Du es gerne hättest?
Was genau ist so schlimm daran, dass sich Dir jemand bedürftig nach deiner Anerkennung zeigt? Was fürchtest Du würde passieren, wenn Du dem andern mehr Aufmerksamkeit geben würdest?
Ich lade dich ein, die Option Methode zu nutzen, um diesem Leiden auf den Grund zu gehen. Überprüfe selbst, ob es wirklich notwendig ist, unter diesen Beziehungsdynamiken zu leiden oder ob Du dich demgegenüber auch anders fühlen kannst. Es lohnt sich, hier gründlich zu sein und ehrlich hinzuschauen.
Ich wünsche Euch alles Gute.
Ich habe noch nie erlebt, dass sich zwei Menschen, die sich lieben, aus einem anderen Grund getrennt haben als aus Angst vor dem Unglücklichsein. Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, die sich aus einem anderen Grund haben scheiden lassen. Es mag andere Gründe geben, aber die sind mir noch nie begegnet.
Ich glaube, dass die Verwechslung von lieben und lieben zu wollen die Grundlage für einen Großteil der Schwierigkeiten in Beziehungen ist. Wenn zwei Menschen unglücklich miteinander sind, äußert sich das im Allgemeinen auf zwei Arten.
Erstens sind sie unglücklich darüber, dass sie nicht das bekommen, was sie vom anderen erwarten, was eine andere Art ist zu sagen, dass sie nicht das bekommen, was sie glauben zu brauchen, oder dass sie nicht das bekommen, was sie "sollten". Was sie glauben zu brauchen, könnten Funktionen und Dinge von der anderen Person sein, oder gute Gefühle von der anderen Person, wie Anerkennung oder Liebe, das Gefühl, glücklich mit mir zu sein, usw.
Zweitens sind sie unglücklich darüber, dass sie nicht das sind oder dem anderen nicht das geben, was sie sollten. Das ist die Unzufriedenheit darüber, nicht das zu sein, was man für den anderen sein "sollte", oder was man von sich selbst erwartet oder was von einem erwartet wird. Und das betrifft auch Funktionen und Dinge oder gute Gefühle. Meiner Erfahrung nach ist das die Person, die letztendlich die Beziehung verlassen wird.
Selbst wenn das erste Gefühl überwiegt, dass sie nicht bekommen, was sie wollen, wird es einen Punkt geben, an dem dieses Gefühl in das zweite übergeht, nämlich das Gefühl, dass sie nicht geben, was sie geben sollten; und dass sie nicht so sind, wie sie sein sollten. Und wenn dieses Gefühl stark wird, verlässt die Person die Beziehung. In beiden Fällen handelt es sich um Gefühle der Machtlosigkeit: Im ersten Fall glaubt und erlebt die Person, dass sie keine Macht hat, den anderen zum Geben zu motivieren, und im zweiten Fall glaubt sie, dass sie keine Macht hat, sich selbst zum Geben zu motivieren.
Jeder benutzt den anderen oder erwartet vom anderen, dass er seinen Wert bestätigt. Es beginnt meist mit dieser einen Grundüberzeugung, von der alles andere abhängt: "Wenn du mich lieben würdest, würdest du X tun." Damit beginnen alle Schwierigkeiten in Beziehungen. Wir werden uns diesen Satz später noch genauer ansehen, er enthält eine Reihe von Widersprüchen und Fallstricken, und in gewisser Weise ist er wirklich ein unmöglicher Satz, aber dennoch ist das die Erfahrung von Menschen, die Probleme in ihren Beziehungen haben. "Wenn du mich lieben würdest, würdest du... Da du dies nicht tust oder das nicht fühlst oder so bist, liegt es daran, dass du mich nicht genug liebst. Warum liebst du mich nicht genug? Ich tue dies und das und das. Und ich tue all solche Dinge. Warum liebst du mich nicht genug? Warum ist das, was ich bin, was ich tue, nicht genug für dich, um mich mehr zu lieben? Warum kann ich dich nicht dazu bringen, mich mehr zu lieben?" Und das ist eine Frage, aber die Antwort ist oft implizit. "Was stimmt nicht mit dir, dass ich dich nicht dazu bringen kann, mich mehr zu lieben? Was stimmt mit mir nicht?" wird zur unmittelbaren Schlussfolgerung. "Ich bin unglücklich darüber, dass du mir das Gefühl gegeben hast, dass mit mir etwas nicht stimmt, durch deine Handlungen, durch dein Verhalten, durch das, was du tust. Du hast mir das Gefühl gegeben, dass mit mir etwas nicht stimmt."
Ich könnte dich zum Beispiel einfach beobachten, wie du mit gekreuzten Beinen dasitzt und schreibst. Und ich könnte einfach zu mir selbst sagen, ganz in meinem Inneren: "Wenn du mich mehr lieben würdest, würdest du das nicht tun." Das ist alles. Mehr braucht es nicht, um die ganze Sache in Gang zu bringen. Dann könnte ich sagen: "Da du das tust, liebst du mich nicht noch mehr als sonst. Das liegt daran, dass du mich nicht genug liebst. Warum liebst du mich nicht genug? Was stimmt mit dir nicht? Was stimmt nicht mit mir?" Und jetzt bin ich unglücklich, weil du mir das Gefühl gibst, dass ich dich nicht motivieren kann und dass mit mir etwas nicht stimmt.
Dann gibt es noch den zweiten Bezugsrahmen: "Wenn ich dich mehr lieben würde, dann hätte ich X, wenn ich dich mehr lieben würde, dann würde ich so und so fühlen, oder wenn ich dich mehr lieben würde, dann würde ich dieses oder jenes tun. Was ist los mit mir, dass ich dich nicht mehr liebe? Warum liebe ich dich nicht genug?" Die gleiche Logik wäre, mich selber als denjenigen zu benutzen, von dem ich etwas erwarte. Nun basiert das ganze Dilemma auf dem Glauben, dass mein Wunsch, dass du glücklicher sein solltest, dich auch glücklicher machen sollte.
Es basiert also alles auf diesem Glauben, dass mein Wunsch ausreicht, zu bewirken, dass Du glücklicher bist; der Mythos, dass ich in der Lage sein sollte, dich zu motivieren, alle Ängste und Probleme zu überwinden, die du jemals hattest. Und Du wirst feststellen, dass dies normalerweise das ist, was die Parteien in einer Beziehung sagen, mit der sie unglücklich sind.
Ich hatte einen Patienten, der wie folgt argumentierte: Meine Mutter hat Angst vor Mäusen. Wenn sie mich lieben würde, hätte sie keine Angst vor mir, wenn ich ihr eine Maus vor die Nase halte. Das mag Dir völlig absurd vorkommen, aber das wirst Du in irgendeiner Variante in jeder Beziehung finden, die in Schwierigkeiten ist. Also ließ er eine Maus vor ihr baumeln, sie bekam Angst, dann wurde sie wütend. Und er war zufrieden, dass er bewiesen hatte, dass sie ihn überhaupt nicht liebte. Und er war sehr zufrieden. Er war sich sicher, dass er nun den Beweis hatte, dass sie ihn gar nicht liebte oder zumindest nicht so sehr, wie er es brauchte.
Dieses Modell ist zwar extrem, aber ich denke, Du wirst sehen, dass Du alles in dieses Modell einbauen kannst. Dieser oder jener hat Angst vor diesem oder jenem. Dieser oder jener wird von diesem oder jenem bedroht. Mein Mann, meine Frau, meine Kinder, meine Eltern, was auch immer. Wenn sie mich wirklich lieben würden, hätten sie keine Angst vor diesem und jenem.
Wenn andere unseren Liebestest nicht bestehen, haben wir lediglich die grundlegende Realität der menschlichen Beziehungsdynamik entdeckt, nämlich dass Menschen nur in dem Maße lieben, wie sie glücklich sind. Das ist alles, was wir jemals herausfinden, wenn wir die Liebe testen. Wenn andere unseren Liebestest nicht bestehen - dieser Test lautet: "Wenn du mich mehr lieben würdest, würdest du..." - dann glauben wir, einen Beweis dafür gesehen zu haben, dass wir nicht liebenswert sind, oder einen Beweis dafür, dass wir es nicht wert sind, geliebt zu werden, oder einen Beweis dafür, dass wir nicht gut sind, oder einen Beweis dafür, dass wir wirklich unfähig sind, andere zu motivieren. Im Grunde sind das alles dieselben Beweise.
Wenn andere unseren Liebestest nicht bestehen, haben wir lediglich die grundlegende Realität der menschlichen Beziehungsdynamik entdeckt, nämlich dass Menschen nur in dem Maße lieben, wie sie glücklich sind. Das ist alles, was wir jemals herausfinden, wenn wir die Liebe testen.
Liebe bedeutet, glücklich mit etwas zu sein. Wenn wir das sind oder tun, wovor andere Angst haben, dann können sie uns nicht lieben. Das heißt, wenn wir das sind oder tun, wovor andere Angst haben, können sie in diesem Maße nicht glücklich mit uns sein. Menschen können nur das lieben, womit sie glücklich sind. Nun könnten wir sagen, wenn sie normalerweise mit uns glücklich sind, dann können wir wohl sagen, dass sie uns normalerweise lieben und umgekehrt. Wenn sie normalerweise unglücklich mit uns sind, dann lieben sie uns normalerweise nicht. Denn das ist wirklich ein und dasselbe.
Wenn wir das sind oder tun, wovor andere Angst haben, können sie uns nicht lieben, absolut nicht. Diese beiden Dinge schließen sich gegenseitig aus. Man kann nicht gleichzeitig Angst haben und lieben. Ich möchte auf etwas hinaus, worauf wir später noch eingehen werden. Das bedeutet nicht, dass die anderen uns nicht gern lieben wollen, was in der Regel die Verwechslung ist. Aber sie können uns zu diesem Zeitpunkt sicherlich nicht lieben.
Wenn ich zum Beispiel feststelle, dass die Leute nicht mit mir glücklich sind und nicht mit mir glücklich sein können, wenn ich ihnen Angst mache, dann stört mich das, weil ich glaube, dass ich es brauche, dass sie mit mir glücklich sind. Das einzige Problem, das ich je in Beziehungen gesehen habe, ist, dass Menschen nicht zulassen, dass andere unglücklich sind. Wir haben alle möglichen Arten, anderen nicht zu erlauben, unglücklich zu sein; sie reichen davon, sie anzugreifen oder sie in Ruhe zu lassen oder alles dazwischen.
Wenn wir wollen, dass der andere glücklicher ist, aus welchem Grund auch immer, dann ist das eine Sache. Wenn wir wollen, dass der andere mit uns glücklicher ist, aus welchem Grund auch immer, dann ist das wiederum eine Sache. Aber wenn wir es brauchen, dass sie mit uns glücklicher sind, dann versuchen wir, uns selbst mit Unglücklichsein zu motivieren, um den anderen zu motivieren, glücklicher zu sein.
Sobald wir es brauchen, dass jemand glücklicher mit uns ist, versuchen wir, ihn auf zwei Arten zu motivieren. Erstens, indem wir ihnen geben, was sie "brauchen oder wollen", indem wir zum Beispiel wirklich nett und großzügig sind; oder zweitens, indem wir sie abweisen und ihnen vorenthalten, was sie brauchen oder wollen, in der Hoffnung, sie durch Unglücklichsein zu motivieren. Wir hoffen also entweder, sie durch Glück zu motivieren, oder wir hoffen, sie durch Unglück zu motivieren. Aber in beiden Fällen gibt es einen eingebauten Fallstrick, einen Keim der Zerstörung in beiden Ansätzen, wenn sie von unserem eigenen Brauchen ausgehen.
Alles, was wir aus unserem Brauchen heraus tun, um jemanden dazu zu bringen, uns zu lieben, ist zum Scheitern verurteilt. Wenn wir versuchen, die andere Person zu motivieren, indem wir ihr alles geben und ihr die Ängste nehmen, bekommen wir das Gefühl, dass wir sie versorgen und beschwichtigen, und schließlich werden wir das Gefühl haben, dass wir dieses Verhalten fortsetzen müssen, weil wir sonst nicht bekommen, was wir brauchen. Wir werden das Gefühl haben, dass wir ihnen weiterhin etwas geben müssen, dass wir also Müssen. Es wird zu einem Gefühl des "Sollens" werden. Schließlich nehmen wir ihnen ihre Angst übel. Wir nehmen ihnen übel, dass sie ihre Bedürfnisse haben, die wir ständig befriedigen. Und am Ende stellen wir nur fest, dass wir unsere ursprüngliche Angst bestätigt haben, die da lautet: Du liebst mich nur, wenn ich dies oder jenes tue. Du liebst mich nur, solange ich großzügig, freundlich, geduldig bin, immer wegschaue, nie kritisiere, immer das Geld nach Hause bringe, nie die Kinder anschreie, oder was auch immer es ist. Das ist der einzige Grund, warum du mich liebst. Und am Ende fühlen wir uns überhaupt nicht mehr geliebt, weil die Person nur bedingt glücklich ist, und wir haben das gefördert und mitgespielt und uns nie wirklich damit auseinandergesetzt.
Der andere Ansatz, mit dem wir versuchen, den anderen zu motivieren, besteht darin, ihn noch unglücklicher zu machen. Wir versuchen zu beweisen, dass sie, wenn sie etwas von uns brauchen, niemals das von uns bekommen werden, worüber sie unglücklich sind oder währenddessen sie unglücklich sind. Wir versuchen ihnen zu beweisen, dass sie uns unglücklich machen werden, wenn sie uns brauchen oder etwas von uns brauchen, was natürlich ihre ursprüngliche Befürchtung war. Also bestrafen wir sie.
Das ist so ähnlich, als würden wir einer Person beibringen, dass sie nichts von uns braucht, in der Hoffnung, dass sie, wenn wir erfolgreich sind, nicht unglücklich mit uns sein kann, weil wir sie dann niemals enttäuschen könnten. Wenn ich also eine Person trainieren könnte, indem ich ihr jedes Mal, wenn sie etwas von mir braucht, ein schlechtes Gewissen mache - jedes Mal, wenn ich sie enttäuscht habe und sie irgendwie dafür bestrafe - dann würde ich sie hoffentlich darauf trainieren, nichts von mir zu brauchen. Wenn sie also nichts von mir braucht, kann ich sie nicht enttäuschen und sie können nicht unglücklich mit mir sein.
Beide Ansätze beginnen mit dem absoluten Schrecken davor, dass jemand mit uns unglücklich ist. Das ist die eine Sache, die einfach nicht erlaubt ist; und damit habe ich angefangen: Wir können einfach nicht zulassen, dass Menschen mit uns unglücklich sind. Und wir greifen zu jedem Extrem, um das zu verhindern. Entweder verkaufen wir uns und opfern alles und berauben uns selbst und geben ständig, geben und bauen Gefühle des Grolls auf, oder wir tun genau das Gegenteil und versuchen, dem andern zu zeigen, dass wir nichts geben und ihm nur noch mehr Elend, noch mehr Unglücklichsein und Ärger bereiten, bis er lernt, nicht mehr unglücklich mit uns zu sein.
Beide Ansätze führen nur dazu, dass das Unglücklichsein fortgesetzt und vergrößert wird. Sie lösen nie etwas. Würden diese Ansätze wirklich befolgt und bis zu einem absoluten Grad starr daran festgehalten werden, könnte dies innerhalb von Stunden oder Minuten zum Tod führen - beide Personen glauben, dass sie sich gegenseitig töten würden, und sie tun es. In den meisten Fällen würden sie jedoch lieber ihre Beziehung aufgeben. Sie töten lieber die Beziehung, als die andere Person zu töten.
Die neue Überzeugung, die den entscheidenden Unterschied ausmachen kann: dass man in einer Beziehung, egal wie man versucht, die Liebe zu testen, nie wirklich beweist, dass man nicht liebenswert ist oder nicht geliebt wird. Man beweist nur, dass man weiß, wie man die Ängste eines anderen Menschen ausnutzen kann. In gewisser Weise wurde bewiesen, dass man zu diesem Zeitpunkt nicht mehr oder nicht genug geliebt wurde. Aber eine Person wäre nicht unglücklich, wenn sie eine andere Überzeugung hätte, die damit einherginge. Wenn eine Person also sagt: "Das beweist, dass ich nicht geliebt werde; das beweist, dass sie mich nicht lieben", dann kannst Du sie darauf hinweisen, dass das nicht beweist, dass sie sie nicht lieben. Es beweist nur, dass sie in diesem Moment, an diesem Ort und unter diesen Umständen nicht geliebt werden können, weil die Person Angst vor ihnen hat.